Geheime Abstimmung über „getricksten“ Haushalt

Haushaltsbeschluss durch den Rat mit großer Mehrheit bestätigt

Marl. Der Rat der Stadt Marl hat mit breiter Mehrheit (26 Ja, 14 Nein, eine Enthaltung) in geheimer Abstimmung die Haushaltssatzung 2024 beschlossen, nachdem die Entscheidung mehrmals verschoben worden war. Der Grund seinerzeit dafür: Änderungen im Landesgesetz, die mittlerweile Gültigkeit haben und nun die Möglichkeit eines genehmigungsfähigen Etats bieten.

Das „3. NKF-Weiterentwicklungsgesetz“ sieht wesentliche Änderungen unter anderem beim Haushaltsausgleich und der Pflicht zur Erstellung von Haushaltssicherungskonzepten vor. Darin ist unter anderem verankert, dass rechnerisch der globale Minderaufwand von ein auf zwei Prozent der ordentlichen Aufwendungen erhöht wurde. Dadurch kann der Jahresfehlbetrag aktuell um 7,6 Millionen Euro reduziert werden. Insgesamt werden die Aufwendungen nun um rund 27 Millionen Euro niedriger veranschlagt, was sich entsprechend positiv aufs Jahresergebnis auswirkt. Letztendlich aber nur eine „Trickserei“, die der Stadt in den nächsten Jahren auf die Füße fallen wird.

Dritte Änderungsliste eingebracht 

Das hat die Stadt Marl unter anderem genutzt und eine dritte Änderungsliste für das Haushaltsjahr 2024 eingebracht. „Dabei haben wir noch einmal neu gerechnet und können einen fiktiven Haushaltsausgleich darstellen“, erklärte Bürgermeister Werner Arndt. Diese buchalterische Besonderheit ist durch die Gesetzesänderung rückwirkend zum 31. Dezember 2023 möglich geworden und verschafft zahlreichen Kommunen in Nordrhein-Westfalen etwas Luft. Es gibt also weder Geld der Bundes- noch der Landesregierung. Vielmehr geht es ausschließlich um Arithmetik.

Beim Minderaufwand handelt es sich um Haushaltsmittel, die rein rechnerisch bis zum Ende des Haushaltsjahres nicht ausgegeben werden. Mit anderen Worten: Rund zwei Prozent der Mittel werden in Marl gar nicht benötigt – rein theoretisch . Das macht die 7,6 Mio. Euro aus, die sich positiv auf den Haushaltsentwurf auswirken.

Ausgleichsrücklage als größter Posten

Der größte Posten ist die sogenannte Ausgleichsrücklage. Diese stellt einen Puffer innerhalb des Eigenkapitals dar, um der Kommune eine flexiblere Haushaltswirtschaft zu ermöglichen, ohne gleich in ein formalisiertes Haushaltssicherungsverfahren gehen zu müssen. Die Ausgleichsrücklage kann durch Zuführung von Jahresüberschüssen wieder aufgefüllt werden, bis der in der Eröffnungsbilanz angesetzte Betrag erreicht ist.

Aber auch geringere Personalkosten im Vergleich zur ersten Änderungsliste schlagen zu Buche. „Die Tariferhöhung hat sich nicht in dem Maße ausgewirkt, wie wir es zunächst angenommen hatten. Zudem sind die Versorgungsbezüge der Beamtinnen und Beamten geringer als zunächst gerechnet“, erklärt Personaldezernent Michael Bach, der aktuell auch die Position des Kämmerers vertritt. Insgesamt führt das zu Minderausgaben in Höhe von zwölf Millionen Euro. Darüber hinaus belasten noch nicht in Auftrag gegebene und damit erst mit Verzögerung in den Bilanzen auftauchende Projekte den Stadtsäckel geringer – etwa 3,5 Mio. Euro. Hinzu kommen höhere Zinserträge. Angesichts der Planänderungen und der gesetzlich möglichen Neuberechnung ergibt sich voraussichtlich ein rechnerischer Überschuss der eigenen Finanzmittel in Höhe von zirka 3000 Euro und kein Fehlbetrag mehr in Millionenhöhe.

Prognose in zehn Jahren braucht eine schwarze Null

Um den Haushalt tatsächlich genehmigt zu bekommen, muss die Stadt in ihrer zehnjährigen Prognose, also 2033, aber auch eine schwarze Null stehen haben. „Diese Kalkulation muss natürlich für die Kommunalaufsicht nachvollziehbar sowie stichhaltig sein und kein Wunschdenken darstellen“, erklärt der Bürgermeister. In der Modellrechnung wird so unter anderem davon ausgegangen, dass das Steueraufkommen steigt (zum Beispiel durch die Ansiedlung von Unternehmen wie Thalia, mehr Bevölkerung durch neue Wohnbauprojekte und damit mehr Grundsteuern etc.), die Landeszuweisungen steigen (u. a. durch mehr Arbeitsplätze).

Frage der Altschulden noch ungeklärt

Weiterhin keine Vorschläge macht das Land bei den sogenannten Altschulden, die viele Kommunen kaum noch stemmen können. „Die große Politik steht einmal mehr in der Pflicht, ihrer Verantwortung gerecht zu werden und den Kommunen die Mittel zu gewährleisten, die sie zwingend brauchen. Bund und Land müssen endlich die Altschuldenlösung und eine hinreichende Finanzausstattung auf den Weg bringen“, sagte Werner Arndt bereits vor einigen Wochen. Dabei steht Marl im Vergleich zu anderen Städten bei den kommunalen Kassenkrediten relativ gut da. Pro Kopf lag die Verschuldung im Jahr 2022 bei gut 1000 Euro, kreisweit hingegen bei fast 2300 Euro.

Zugestimmt wurde zudem einem Antrag, wonach die Verwaltung beauftragt wird, in Form eines Projektes und unter Begleitung einer externen Beratung in 2024 eine Gesamtstrategie zur Optimierung von Erzieherischen Hilfen zu verfolgen.

Freitag, 22. März 2024, 14:52 • Verfasst in Marl

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